Poetisch, dabei unsentimental, charaktervoll und farbenreich und so ausdrucksstark wie einfühlsam sind die Liedinterpretationen des lyrischen Baritons Giacomo Schmidt und der Pianistin Jong Sun Woo. Deshalb haben die beiden u.a. 2024 den 1. Preis beim Int. Hugo Wolf Wettbewerb in Stuttgart und 2023 den 2. Preis sowie den Publikumspreis beim Int. Schubert Wettbewerb Dortmund gewonnen.
Die alte Geschichte! Mit der „Schönen Müllerin“, dem ersten erzählenden Liederzyklus überhaupt – Schubert komponierte ihn 1823 im Krankenhaus während eines Syphilis-Schubs –, geht sie atemberaubend nah und mehr zu Herzen als jede ihrer Netflix-Varianten: Der coole Typ ist der andre. Er ist der Jäger, ein ganzer Kerl, mit Büchse, Hunden, Dreitagebart, der souverän im Leben steht, etwas darstellt, töten kann, rangeht. Der zieht die schöne Müllerin an. In sie aber ist das Ich, der unschuldige Müllergeselle auf Wanderschaft, verliebt. Ein Bach, dem er gefolgt war, hat ihn zur Mühle und zu ihr geführt. Doch die Müllerstochter ignoriert seine Liebe, und aus Liebeskummer bringt er sich im Bach um. Was, hätte er nicht den Bach als einzigen Weggefährten und Gesprächspartner gehabt? Hätte er, als er allein mit der Schönen am Bach, unterm Mond und Erlendach, saß, statt mit dem Bach und ihrem Spiegelbild darin direkt mit ihr gesprochen, ihr tief in die Augen geschaut und seine Liebe gestanden?
Mit den Liedern des Müllers setzt Schubert uns in Musik; der junge Mann ist Identifikationsfigur. Die Musik zieht in ihn hinein, unmittelbar lässt sie die Hörenden seine Gefühle und Seelenzustände durchleben: seine Lebensfreude, den Optimismus, Ekstase und Triumph im Traum von der erfüllten Liebe, seine Verblendung, seinen Respekt für die Geliebte, seine innige Leidenschaft und Zärtlichkeit, Wut, Empörung, Verzweiflung. Am Ende den Frieden, den er im Bach nur findet, im Tod. Da ist Verklärung, Transgression, subtil, geheimnisvoll, wunderschön: „Und der Himmel da droben, wie ist er so weit.“
Musiker:innen
Giacomo Schmidt, Bariton
Jong Sun Woo, Klavier
Programm: Die schöne Müllerin
Franz Schubert (1797–1828): Die schöne Müllerin, op. 25 D 795
Text: Wilhelm Müller
Hallo, ich bin Maya.
