camerata freden
James Gilchrist Tenor
Ian Scott Klarinette
Adrian Adlam Violine
Tim Posner Violoncello
Huw Watkins Klavier

Arvo Pärt - Fratres für Violine und Klavier
Benjamin Britten - 1. Canticle für Tenor und Klavier
Huw Watkins - "Stolen Songs" für Tenor und Violine
(37. Auftragswerk - Uraufführung)
Olivier Messiaen - Quartett für das Ende der Zeit

Das Instrument macht das Programm

Hört man einem Instrument an, in welche weltpolitischen Konstellationen es verstrickt war? Lassen die Schicksalsschläge des ‚betroffenen‘ Musikers eine Geige vielleicht sogar besonders klingen? Das wird uns bei diesem Konzert hörend beschäftigen!

‚Fratres‘ von Arvo Pärt steht zu Beginn – ‚Brüder‘ übersetzt, ganz sicher Brüderlichkeit meinend. Die reichlich zehn Minuten Musik werden uns ‚gefangen‘ nehmen und für das Thema dieses Abends sensibilisieren: ‚Das Schicksal eines Instrumentes‘. ‚Fratres‘ ist eine einfach wirkende, fast meditative Musik, die auch ein Quäntchen Unendlichkeit birgt – schnell kommen die ‚Brüder‘ zum Ende, eigentlich will man länger zuhören.

‚So bin ich dem Geliebten eigen, und so ist er mein‘ – singt James Gilchrist anschließend im Refrain des 1. Canticles von Benjamin Britten. Ein musikalisches ‚Minidrama‘, das auf das Hohelied Salomos zurückgeht und ein wenig an Purcell denken lässt – göttliche Liebe wird uns lebensnah gebracht, lebendig formuliert.

Im Mittelpunkt des Abends steht eine Uraufführung – ‚Stolen Songs‘, die der Composer-in-Residence Huw Watkins für das Festival an der Leine schrieb – besonders die Besetzung: Stimme und Violine. Gestohlen wurde dem einstigen Besitzer Alois Rosetz das Recht, sein Instrument zu spielen – das war in Zeiten der braunen Diktatur. Rosetz Frau war Jüdin, das reichte, um ihn aus dem Musikleben zu verbannen. Er durfte nicht mehr Geiger, Konzertmeister sein – das Ehepaar musste fliehen, wurde drangsaliert, seine Frau ermordet, er selbst gefoltert, angeklagt, dann freigesprochen, später zur Zwangsarbeit verurteilt – gegen Ende des Krieges wurde Rosetz so schwer verletzt, dass er nicht mehr in der Lage war zu musizieren, seine geliebte Geige zu spielen. Das Instrument wurde verkauft, ging andere Wege. Der/die Besitzer*in – Besucher*in des Fredener Festivals - trat Jahrzehnte später mit dem Wunsch an Adrian Adlam heran, diese Geige in Freden erklingen zu lassen – aus dem Wunsch wurde der Kompositionsauftrag: Zoe Gilbert hat die Geschichte zu den ‚Stolen Songs‘ verdichtet, Huw Watkins hat sie für Tenor und Violine ‚musikalisiert‘.

Messiaens Quartett für das Ende der Zeit ist ein konsequentes Finalwerk, komponiert von dem streng gläubigen Franzosen in deutscher Kriegsgefangenschaft, im Lager Stalag in der Nähe von Görlitz 1940/ 41. In Gefangenschaft brachten ihn die, die auch dem Geiger Rosetz zusetzen. Messiaen haben Worte aus der Offenbarung des Johannes geradezu geleitet, geführt und: Ein Wunder ist geschehen – Messiaen schreibt in Gefangenschaft eine ‚entartete‘ Musik, die religiös inspiriert ist, ein Meisterwerk des 20. Jahrhunderts, das im Lager selbst auch uraufgeführt wurde. Für die Gefangenen – Priester, Juden, Handwerkern, Bauern – hat diese Musik für einen Moment ein kleines Stück des Paradieses hörbar gemacht.

Wenn man um die Geschichte der Rosetz-Geige weiß, klingt auch Messiaens Quartett für das Ende der Zeit anders – unser Hören wird durch das Schicksal dieses Instrumentes ‚aufgeladen‘.

18:00 Uhr Komponistenportrait, Komponist Huw Watkins und Autorin Zoe Gilbert im Gespräch mit Adrian Adlam

Eventdaten bereitgestellt von: Reservix

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