camerata freden III
camerata freden
Ashley Riches - Bariton
Adrian Adlam - Violine, Klavier
Aleksandra Szurgot-Wienhues Violine
N.N. Viola
Oliver Mascarenhas Violoncello
Thomas Hell - Klavier
Johann Sebastian Bach - Toccata in D-Dur BWV 912 für Klavier
Fazil Say - Sonate Nr. 1 op. 7 für Violine und Klavier
Gioacchino Puccini - "Chrysanthemi" für Streichquartett
Samuel Barber - "Dover Beach" op. 3 für Bariton und Streichquartett
Johann Sebastian Bach/Ferruccio Busoni - Drei Choralpräludien, bearb. für Klavier
Nun komm, der Heiden Heiland
Wachet auf, ruft uns die Stimme
Ich ruf zu Dir, Herr Jesu Christ
Franz Schubert - Notturno Es-Dur D 897 für Klaviertrio
Johannes Brahms - "Vier ernste Gesänge" für Bariton und Klavier
Anschließend Grillfete vor der Zehntscheune!
Von der Wucht der kleinen Werke!
Am Anfang Bach: Johann Sebastian als Tasten stürmender Teenager – virtuos, ein wenig ungewohnt – man hält den Atem an, wenn Thomas Hell die D-Dur Toccata spielt, öffnet er unsere musikalischen Sinne und diese Offenheit werden wir im Fortgang brauchen.
Ja, für Fazil Says Violinsonate braucht es offene Ohren: sie ist ein Dialog der Weltkulturen in Musik – wunderbar, wie er Folklore und Avantgarde zueinander bringt, Zeiten und Kulturen gehen da zusammen. Er gibt sich romantisch, geht auf Tour durch Anatolien, lässt uns an einem Gelage teilnehmen, macht Station an der Schwarzmeerküste. Dann meint man eine Ud – eine türkische Laute – zu hören, auch eine türkische Fiedel und das alles in einer Sonate für Violine und Klavier im ‚Konzertsaal‘.
Dann sind es Chrysanthemen – Crisantemi – als Bezugspunkt: Crisantemi als Blumen der Trauer in dem kurzen Streichquartettsatz von Giacomo Puccini. Er beklagt den Tod eines lieben Freundes. In nur einer Nacht hat er seinen Schmerz Klang werden lassen. Wir hören die Musik heute eher losgelöst vom schmerzlichen Ereignis als romantisches Kondensat.
Von den Klippen Dovers schaut er auf das Meer – der Poet Matthew Arnold, ein Mann des 19. Jahrhunderts. Sein sehnsuchtsvoller Blick wird Poesie, wird zu einem düsteren Gedicht, das später der junge Samuel Barber vertont hat, das war im Jahre 1931. Thema: Liebe in einer Welt der Menschen ohne Glauben. ‚Drum laß uns, meine Lieb, uns beide treu zusammenstehn!‘, weil man sich in all den Stürmen des Lebens besser zusammen behaupten kann.
Wir wechseln wieder an den Flügel. ‚Wüsste ich doch kaum bessere Claviermusik anzutreffen als diese!‘, schreibt Ferruccio Busoni an einen Verleger. Er meint Claviermusik von Johann Sebastian Bach, die er in seinem Sinne eingerichtet und auch weitergedacht hat. Weitergedacht für den ‚modernen‘ Gebrauch, er hat sie angelegt als eine ‚Hochschule‘ des Klavierspiels‘.
Ein nachgelassener, langsamer Satz von Franz Schubert folgt, bei dem die Umstände der Entstehung auch heute noch ein Rätsel sind – man kann so wunderbar spekulieren: sein Notturno in Es-Dur. Bemerkenswert, wie er aus einem Lied der ‚Stöckelschlager‘ Kunstmusik macht. Diese ‚Rammer‘ hat Schubert auf einer Wanderung beobachtet, zum Gesang wurde der Rammklotz gemeinsam gehoben und dann fallen gelassen, um einen Kanal zu bauen – das ist eine mögliche Erklärung des musikalischen Hintergrunds. Schubert hat den Arbeitsrhythmus zum Puls der Musik gemacht.
‚Es sind ganz gottlose Lieder aber ihre Texte stehen Gott sei Dank in der Bibel‘ – der Autor selbst, Johannes Brahms, über seine Vier ernsten Gesänge. Sie sind Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit am Lebensende, ein Jahr vor dem Tod des Komponisten, alles ist von Pessimismus durchwebt. Aber: im letzten der Gesänge – der auf einen Brief des Paulus an die Korinther zurückgeht, heißt es: ‚Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; / doch am größten unter ihnen ist die Liebe.‘ Das soll uns Trost sein – mit diesem ‚Liebesverweis‘ enden dann auch die Fredener Musiktage.
Insgesamt ein durchkomponiertes, kleinteiliges Programm mit vielen Facetten, vielen Bezügen quer durch die Musik- und Geistesgeschichte, in dem man den ‚Harmonien des Glaubens‘ sehr gut nachhören kann.